Kurzroman: Bitte gib mir meine Erinnerung zurück!

Auszug aus Kapitel 8 – Der dritte Traum

„Und wieder landet das armselige, traurige, unwissende Kind bei der großzügigen, weisen guten Fee.“
Ich öffnete die Augen und erkannte durch meinen Tränenschleier einen sternenklaren Himmel. Zitternd verschränkte ich die Arme vor der Brust, während ich auf einem kalten, feuchten Untergrund lag.
„Das traurige Kind, läuft stur und halbblind durch den einsamen Wald. Es dreht sich geschwind, missmutig gestimmt, unentwegt im Kreis.“ Ich hörte jemanden ein Lied singen, es immer und immer wiederholen. Ich fühlte mich kraftlos und ausgelaugt und ziemlich beschwipst zugleich. Die Sterne über mir drehten sich im Kreis und diese krächzende Stimme, die amüsiert wie eine kaputte Schallplatte immer wieder dieselben Strophen wiederholte, drohte mir den Schädel zu zerschmettern. Die Augen fest zusammengekniffen, hielt ich mir mit voller Kraft die Ohren zu.
„Hör auf damit, bitte!“, schrie ich letztendlich und richtete mich mühsam auf.
„Ich wollte dich lediglich ganz sanft aus deinem Schlaf wecken, oder sollte ich lieber sagen aus deinem Alkoholrausch?“ Die alte Frau lachte gehässig und ich hielt mir abermals die Ohren zu, bis sie damit fertig war.
„Na los, fang schon an, mich zu kritisieren und sag mir, dass ich wieder alles falsch gemacht habe! Damit wir diesen Part des Gesprächs schnell hinter uns bringen können.“
„Na, na, na!“, zischte die Hexe und fuchtelte dabei mit ihrem Stock vor meiner Nase herum. Ich wich einen Schritt zurück und musterte meine Umgebung. Ich befand mich irgendwo am Waldrand auf dem Heimweg.
„Nun stell mich doch nicht so dar, als nützte ich unsere Begegnungen bloß dafür, um Kritik an dir zu üben und dich zu verspotten! Schließlich bin ich deine gute Fee und ich bin, wie jedes Mal, großzügig bereitwillig, dir in deiner größten Not und Verzweiflung Hilfe zu leisten.“ Die Arme in die Hüften gestemmt, blickte die Hexe mich mit erhobenem Kinn stolz und selbstgefällig an.
„Ich glaube nicht, dass ich mit dieser ganzen Situation klarkommen kann. Ich bezweifle, dass sich ein Weg für ein mögliches Happyend finden wird und ich im Einklang mit meiner Erinnerung leben kann. Ich befürchte, du musst mir meine Erinnerung wieder nehmen…
„Kind, siehst du vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr?“, fragte die Hexe ganz empört. „Du sehnst dich nach Ausgleich und Harmonie! Das liegt doch auf der Hand! Ihr Menschen seid so sehr in eurer materiellen Welt verankert, dass ihr vergesst, dass es weitaus mehr als nur das gibt, was ihr mit eurem menschlichen Auge erkennen könnt. Ihr denkt in Trennung und glaubt, ihr wärt alle voneinander isoliert, doch dem ist nicht so. Jeder ist mit jedem verbunden – ihr alle beeinflusst euch gegenseitig und gleichzeitig mit euren Taten und Gedanken und zusammen ergebt ihr das große Ganze. Jeder von euch ist ein Tropfen und zusammen bildet ihr ein einziges großes Meer.“
„Was soll das denn bedeuten?“, fragte ich, da die Hexe mal wieder in metaphorischen Rätseln mit mir sprach.
„Es ist ganz einfach, mein Kind: Was du anderen antust, tust du in Wirklichkeit dir selbst an. Der Junge hat dir wehgetan, als logische Konsequenz leidest nicht nur du, sondern auch er. Das ist das natürliche und folgerichtige Gesetz von Ursache und Wirkung. Das ist Karma. Nun hast du versucht, ihm wehzutun, es ihm heimzuzahlen oder ihn wenigstens zu verärgern, doch in Wirklichkeit ärgerst du dich nur selbst. Du drehst dich im Kreis, blind vor Trauer, Schmerz und Hass. Du siehst dich selbst als Opfer deiner Umwelt, unfähig etwas an deiner Misslage zu ändern. Doch wenn du den Schleier eurer dreidimensionalen Illusion hebst und du beginnst nicht bloß mit deinen physischen Augen zu sehen, sondern mit dem Herzen, dann erkennst du, dass du selbst auch immer Mitschöpfer deiner eigenen Realität bist. Jede deiner Handlungen und Taten verursacht eine Reaktion. Das ist das Ursache-Wirkungs-Prinzip. Auf gute Handlungen und Taten folgen gute Reaktionen und Resultate und auf schlechte Handlungen und Taten kann nur Schlechtes folgen. Du entscheidest was passiert, du erntest was du säst.“
[…]

 

Bitte gib mir meine Erinnerung zurück!

Ein Roman, der dich verstehen lassen wird, dass alles, was dir bisher im Leben widerfahren ist, von großer Bedeutsamkeit ist – denn jede Erfahrung, ob gut oder schlecht, macht aus dir diesen einen wunderbaren einzigartigen Menschen, der du heute bist.❤

 

Weitere Leseproben:

Erfahrungen sammeln: Warum uns bestimmte Dinge widerfahren

Nicht alles lässt sich in Worte kleiden 

Die Wahrheit – obgleich der Schein etwas Anderes sagt 

Der Schmerz muss angenommen und durchlebt werden – Auszug aus Kapitel 1 – Der erste Traum

Erinnerungsverlust: Die Erinnerung ist ein Teil von dir – Auszug aus Kapitel 2 – Wer ist Christian Stark?

Augen: Spiegel der Seele – Schicksal und Herausforderung – Auszug aus Kapitel 3 – Die vertrauten Augen

Erinnerungsverlust: Alles hat seinen Grund – Auszug aus Kapitel 4 – Die verlorene Erinnerung

Erinnerung löschen: Warum jede Erinnerung wichtig für uns ist – Auszug aus Kapitel 5 – Schreibblockade

Traumdeutung Prüfung: Du musst den Schmerz durchleben, erst dann wird er vergehen – Auszug aus Kapitel 6 – Der zweite Traum

Neue Erkenntnis: Vergangenheitsbewältigung – akzeptieren und loslassen – Auszug aus Kapitel 7 – Und dann begriff ich

Konsequenzen tragen – Jeder Zauber hat seinen Preis – Auszug aus Kapitel 7 – Und dann begriff ich

Wir sehnen uns nicht nach Vergeltung, sondern nach einem „Happy End“ – Auszug aus Kapitel 8 – Der dritte Traum

 

 

Bild von Comfreak auf Pixabay
1 Comment
  1. Indem ich meinen Willen dem GANZEN unterordnete, bekam ich eine Macht über meinen Willen, dass ich erschrak denn ich erkannte zu was ich fähig bin, wenn ich es will.

Leave a Reply

Your email address will not be published.