Konsequenzen tragen - Jeder Zauber hat seinen Preis

Kurzroman: Bitte gib mir meine Erinnerung zurück!

Auszug 2 aus Kapitel 7 – Und dann begriff ich

[…]

Die folgenden Tage gingen langsam und plätschernd dahin, ich suhlte mich in Selbstmitleid und versuchte mit allen Mitteln, meine Situation zu akzeptieren und die Tatsache, dass ich alles nur noch viel schlimmer gemacht hatte, indem ich mir von der Hexe habe meine Erinnerung nehmen lassen. Und ich befürchtete, dass diese alte Schreckschraube Recht hatte, da ich mich dabei erwischte, wie in mir langsam aber sicher wieder das Verlangen heranreifte, mich dieser Erinnerung abermals zu entledigen.
Am Tag des Baumblütenfests rappelte ich mich lustlos auf, um mich mit Katrin, Tobi und ein paar weiteren Freunden auf das Fest zu begeben. Es fand am Stadtrand statt, dort wo all die Kirschbäume jetzt in der Frühlingszeit so schön blühten. Ein kleiner Rummel, ein paar Imbissbuden, eine Liveband und vor allen Dingen jede Menge Wein in den unterschiedlichsten Sorten zeichnete dieses alljährliche Fest aus. Ich schnappte auf gut Glück nach einer Jeansshorts und irgendeinem Top aus meinem unordentlichen, chaotischen Schrank und flocht mir das Haar zu einem französischen Zopf.
Dann machte ich mich auf den Weg und trottete lustlos auf die Rudower Höhe zu.
An dem kleinen Hügel fand das Gruppentreffen statt, von dem aus wir uns gemeinsam auf den Weg zum Fest machten. Zu Fuß dauerte der Weg ungefähr vierzig Minuten, doch das machte niemandem etwas aus. Die Sonne schien grell und klar am wolkenlosen Himmel und die Stimmung befand sich bereits jetzt auf ihrem Höhepunkt.
Kein Wunder, wenn man bedachte, dass mindestens die Hälfte unserer Truppe bereits angetrunken war. Dabei war es gerade mal zwölf Uhr mittags. Ich hatte nicht einmal gefrühstückt und mir wurde ganz übel, als ich den anderen dabei zusah, wie sie ihr Bier oder ihre getarnten Plastikflaschen mit den alkoholischen Mixgetränken leerten. Auch Katrin und Tobi waren bereits gut mit dabei. Die beiden liefen Arm in Arm vor mir her und sangen im Chor irgendwelche Songs mit unverständlichem Text nach. Alle paar Meter stoppten sie, verfielen in glucksendes Gelächter und hielten sich die Bäuche fest. Die beiden liefen viel zu schnell für mich, ich war hundemüde, da ich nachts mal wieder kein Auge zu bekommen hatte und die Sonne brannte mir in den Augen.
Meine Sonnenbrille hatte ich natürlich vergessen. Plötzlich lief jemand neben mir her. Es war ein Kumpel von Katrin. Ich kannte ihn vom Sehen, hatte aber nie großartig mit ihm gesprochen, geschweige denn konnte ich mich an seinen Namen erinnern. Er hielt mir eine Flasche Cola entgegen – wahrscheinlich mit Wodka oder Rum gemixt. Ablehnend schüttelte ich den Kopf und verzog angewidert die Lippen.
„Siehst janz schön jeknickt aus, ´n Schluck davon würde dir bestimmt jut tun“, sagte der Typ mit Berliner-Dialekt.
Mir war durchaus bewusst, dass Alkohol keine Lösung war, doch je länger er mir diese Flasche hinhielt, desto stärker wurde mein Drang, doch einen Schluck von diesem Gebräu zu probieren. Die einzige nüchterne Person, innerhalb einer trinkenden, lachenden, singenden, schreienden, und rülpsenden Meute zu sein, war nicht gerade verlockend und nur für die wenigsten ertragbar. Ich konnte mich zwar wieder an meinen Schwur erinnern, keinen Alkohol mehr zu trinken, aber den hatte ich ja auf der letzten Party ohnehin bereits gebrochen – wenn auch unbewusst.
Also griff ich zu, um mir auf meinen traurigen und elenden Gemütszustand einen Schluck zu genehmigen, woraus dann zwei und dann drei und dann vier wurden und so weiter. Der Alkohol wirkte natürlich wie ein vorbildlich zusammengebrauter Zaubertrank und rief in mir gute Laune und Glücksgefühle vom Feinsten hervor.
Doch wie jeder Zaubertrank, würde auch dieser irgendwann seine Wirkung verlieren und eine unangenehme Nachwirkung zeigen, denn jeder Zauber hatte wohl seinen Preis – was ich am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte, als die alte Frau mir meine Erinnerung entzogen hatte…
[…]

Bitte gib mir meine Erinnerung zurück!

Ein Roman, der dich verstehen lassen wird, dass alles, was dir bisher im Leben widerfahren ist, von großer Bedeutsamkeit ist – denn jede Erfahrung, ob gut oder schlecht, macht aus dir diesen einen wunderbaren einzigartigen Menschen, der du heute bist.

 

Weitere Leseproben:

Erfahrungen sammeln: Warum uns bestimmte Dinge widerfahren

Nicht alles lässt sich in Worte kleiden 

Die Wahrheit – obgleich der Schein etwas Anderes sagt 

Der Schmerz muss angenommen und durchlebt werden – Auszug aus Kapitel 1 – Der erste Traum

Erinnerungsverlust: Die Erinnerung ist ein Teil von dir – Auszug aus Kapitel 2 – Wer ist Christian Stark?

Augen: Spiegel der Seele – Schicksal und Herausforderung – Auszug aus Kapitel 3 – Die vertrauten Augen

Erinnerungsverlust: Alles hat seinen Grund – Auszug aus Kapitel 4 – Die verlorene Erinnerung

Erinnerung löschen: Warum jede Erinnerung wichtig für uns ist – Auszug aus Kapitel 5 – Schreibblockade

Traumdeutung Prüfung: Du musst den Schmerz durchleben, erst dann wird er vergehen – Auszug aus Kapitel 6 – Der zweite Traum

Neue Erkenntnis: Vergangenheitsbewältigung – akzeptieren und loslassen – Auszug aus Kapitel 7 – Und dann begriff ich

 

 

Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay
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