Unangenehmes Wiedersehen - Im Bann der Anderen 📚

Unangenehmes Wiedersehen

Es war bereits März und langsam aber sicher reifte der Frühling heran. Der Schnee war fast weggetaut und die Tage wurden immer länger. Die milden Sonnenstrahlen versetzten die Bewohner Longfords automatisch in gute Laune. Sogar meinen Gemütszustand hatte die Sonne so um den Finger gewickelt, dass ich beinahe vergaß, warum ich eigentlich bei den Andersons war. Fast hatte ich vergessen, dass meine Eltern sowie Jimmy auf der anderen Seite Longfords sehnsüchtig auf meine Heimkehr warteten und dass meine Freunde, die sich ebenfalls auf der anderen Seite der Stadt befanden, höchstwahrscheinlich immer noch glaubten, ich sei ihr Feind.
Heute war der Tag, an dem ich das erste Mal während meines Aufenthalts bei den Andersons wieder zur Schule gehen sollte. Der Tag, an dem ich Jimmy, Jake und den Rest der Clique wieder sehen würde. Die vergangenen zwei Wochen über hatten die Andersons von mir verlangt, jeglichen Kontakt zu den Konservativen zu unterbinden. Ich sollte unabhängig von ihren Meinungen und ohne Einfluss, in Ruhe herausfinden, wie es mir bei den Andersons und auf der Seite der Anderen gefiel. Ein letztes Mal hatte ich meine Eltern angerufen, um ihnen zu versichern, dass es mir gut ging, um ihnen mittzuteilen, dass ich für einige Zeit bei den Andersons leben würde, bei den Anderen, dort – so wie Percy, Billy und Viktor es immer wieder zu sagen pflegten – wo ich eigentlich hingehörte. Ich hatte meine Mum am Telefon weinen hören. Als ihre zitternde Stimme dann vollkommen weggebrochen war, beteuerte mein Dad, dass sie mich verstehen und auf mich warten würden.
Ich hatte es Percy versprochen, denn er hatte Recht: Dies war meine einzige Chance, die Andersons kennenzulernen. Ich hatte keine andere Wahl als sie zu nutzen. Selbst wenn ich Percy niemals verzeihen könnte, Vanessa und Katherine Anderson, mir niemals eine Chance geben würden, so hätte ich es wenigstens versucht.
Für die vergangenen zwei Wochen hatte Percy mir eine Krankschreibung besorgt, die ich in der Schule vorweisen konnte. Er hat mir sogar ein wenig Staub der Quelle in meine Trinkflasche gefüllt. Nun war ich so weit, meine Gabe ganz allein, ohne Hilfestellung oder Überwachung einzusetzen. Natürlich musste ich vorsichtig sein, damit ich keinen größeren Schaden anrichtete und niemand Verdacht schöpfte. Noch war eine mögliche Offenbarung unserer Existenz viel zu riskant. Dennoch hatte Percy darauf bestanden, dass ich versuchte, meine Gabe gezielt (und natürlich unauffällig) irgendwo außerhalb des Unterrichts mit ihm zu gebrauchen. Also machte ich mich an jenem Morgen gemeinsam mit Billy auf den Weg in die Schule. Je näher wir der Saint McSawyerson High School kamen, desto mehr drängte sich mir die Frage auf, ob die Andersons gar nicht fürchteten, dass ich nach der Schule wieder zurück nach Hause kehren würde. Als ich Billy darauf ansprach, sagte er:

„Percy weiß, dass du mich nach der Schule wieder zurück auf unsere Seite begleiten wirst. Du bist noch nicht so weit.“

„Ich bin noch nicht so weit? Wofür bin ich nicht so weit?“

„Du bist noch nicht bereit, um Abschied zu nehmen. Denn du weißt ja, wenn du gehst, dann gehst du für immer.“ Ich verstand nicht, warum meine Entscheidung so endgültig sein musste. Konnte ich den Kontakt zu Billy, Viktor und Percy nicht halten, ganz gleich, ob ich auf der Seite der Konservativen lebte oder nicht?

„Aber wenn ich wieder zurück nach Hause gehe, dann bedeutet das doch nicht, dass wir uns niemals wiedersehen werden, oder? Könnten wir nicht trotzdem irgendwie den Kontakt halten?“ Billy seufzte angestrengt.

„Stacy, du stellst dir das alles viel zu einfach vor. Wenn du zurück nach Hause gehst, dann bedeutet dies den Abschied für immer. Du wirst dich offiziell zu den Konservativen bekennen. Und die Konservativen sind unsere Feinde. Jeglicher Kontakt zwischen den Konservativen und uns Anderen ist untersagt.“ Billy musste mich über Dinge aufklären, die ich längst wusste. Doch es widerstrebte mir, unsere Situation einfach so hinzunehmen.

„Ich verstehe das nicht. Wieso muss das alles so kompliziert sein? Eines Tages müssen sich unsere beiden Gemeinden doch ohnehin vertragen, sonst sind all unsere Kräfte für immer verloren.“

„Damit hast du recht, aber es gibt so vieles, was du noch nicht begreifst, Stacy.“ Billy seufzte erneut. Er machte Halt und blickte mich schweigend an. Auch ich schwieg. Eine Woge aus Hilflosigkeit umfasste mich. Es schien keinen Ausweg für diese Situation zu geben. Ein intensiver Moment verstrich, Billy und ich sahen einander resigniert an. In mir brannte ein Feuer, von dem Moment an, in dem ich von den Andersons erfuhr. Ganz gleich wie wütend ich auf sie war und ganz gleich wie wütend sie auf uns waren – ich wusste, dass ich diese abscheuliche Misslage, in der sich unsere beiden Familien da befanden, nicht kampflos hinnehmen würde können.

„Da sind Mathew, Alissa und Jane.“ Billy zeigte in die Richtung, aus der seine Freunde kamen. Ich fuhr herum und erschauerte.

„Sind das die beiden Mädchen, die mich entführen wollten?“, fragte ich flüsternd.

„Du brauchst dich nicht vor ihnen zu fürchten, sie werden nett zu dir sein. Versprochen“, versuchte Billy mich zu beruhigen.

„Hey Billy.“ Die drei Freunde begrüßten Billy und sahen anschließend zu mir herüber. Die beiden Mädchen, musterten mich analysierend, tuschelten und kicherten vor sich hin. Da war wieder dieses grässliche Lachen, das mich an das Grunzen eines Schweins erinnerte.

„Deine Halbstiefschwester oder was auch immer sie ist, ihr lasst sie also schon heute gehen?“, fragte Mathew überrascht.

„War doch klar, dass sie es nicht länger aushält ohne ihre langweiligen Freunde und den Rest ihrer spießigen, kleinkarierten Gemeinde. Sie ist eben doch keine von uns“, kommentierte eines der Mädchen. Die beiden Mädchen tauschten untereinander geheimnisvolle Blicke aus und verfielen augenblicklich in glucksendes Gelächter. Hilfesuchend blickte ich zu Billy rüber.

„Leute, beruhigt euch. Wir hatten eine Abmachung“, ermahnte Billy sie.

„Jaja, ist ja schon gut. Wir hatten einfach nicht erwartet, dass dein Vater sie so schnell wieder gehen lässt.“ Das rotgelockte Mädchen namens Alissa tat die Sache mit einem Schulterzucken ab und machte auf dem Absatz kehrt.

„Sie wird mich nach der Schule wieder zurück nach Hause begleiten“, sagte Billy fest entschlossen. Er warf mir einen unsicheren Blick zu und setzte sich ebenfalls in Bewegung.

„Ach, tatsächlich?“ Alissa fuhr wieder zu uns herum und ein schadenfrohes Grinsen formte sich auf ihrem Gesicht…

Auszug aus „Anastasia im Bann der Anderen“ – Teil III der spannenden Saga (demnächst erhältlich)!

 

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Eine alte Fehde, zwischen zwei verfeindeten Gemeinden.
Ein dunkler Fluch, der ihre Existenz gefährdet.
Eine entzweite Familie, dazu gezwungen, einander zu hassen.
Und zwei Herzen, mit der Bestimmung, sie alle zu erlösen.

Teil II der spannenden Saga

Stacy setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um dem dunklen Geheimnis auf die Spur zukommen. Ist Billy Anderson der Schlüssel dazu?
Wird die Wahrheit sie zufriedenstellen oder ihre Welt in ein noch größeres Chaos stürzen als bisher?
Und welche Rolle spielt die intrigante Lena Hanson bei der ganzen Sache?

Stacy erkennt, dass es kein Entrinnen gibt und sie sich ihrem Schicksal stellen muss. Doch um die Menschen, die sie liebt, zu beschützen, muss sie ein großes Opfer bringen.

Für Kindle Unlimited Leser gratis❣

„Letzteres versuchte ich noch aus meiner Gefühlswelt zu verbannen,
bevor es sich zu sehr in ihr manifestierte, doch es war bereits zu spät.
Mit jenem Moment begriff ich, dass ich während unserer Aufnahmezeremonie in die Gemeinde etwas versprochen hatte, was ich zu halten weder gewillt, noch im Stande war.“


Anastasia und die Quelle der Existenz
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Teil I der Fantasy-Saga

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Die sechzehnjährige Anastasia (Stacy) zieht unerwartet in die Kleinstadt Longford. Doch mit der Stadt und ihren Stadtbewohnern scheint etwas nicht zu stimmen. Diese seltsamen Blicke, eine Clique, die sich ihr gegenüber ziemlich fragwürdig verhält, diese allumfassende Energie, die sie hier verspürt und was hat es eigentlich mit den „Anderen“ auf sich, die auf die andere Seite der Stadt verbannt wurden?

Die Antworten auf Stacys Fragen lassen nicht lang auf sich warten, jedoch werfen diese nur noch weitere Fragen auf: Schließlich kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, dessen Enthüllung ihren Untergang bedeuten könnte, doch sie ist fest entschlossen, die Wahrheit herauszufinden – koste es, was es wolle.

 

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Die Anderen: Wer sind sie wirklich?

Gratis-Kapitel: Der grüne Schimmer 

Hat man uns die Wahrheit gesagt? 📚 

Die Augen meines Spiegelbildes

Bild von Ylanite Koppens auf Pixabay
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